Geschichte


Und es wächst doch
Die Agrarstruktur Brandenburgs hat eine lange und wechselvolle Geschichte, die von politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen geprägt ist. Hier ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen:
Frühe Agrarentwicklung (Mittelalter – 19. Jahrhundert)
- Im Mittelalter erfolgte die Besiedlung und Urbarmachung durch deutsche Siedler im Zuge der Ostexpansion.
- Große landwirtschaftliche Flächen wurden durch Rodung gewonnen, während Gutsherren (Junker) das landwirtschaftliche Leben dominierten.
- Die Landwirtschaft war geprägt von Gutshöfen und Leibeigenschaft, die erst mit der Bauernbefreiung Anfang des 19. Jahrhunderts abgeschafft wurde.
Viele glauben, dass die gegenwärtige Agrarstruktur in Brandenburg ein Produkt aus DDR-Zeiten ist. Große Güter gab es östlich der Elbe schon seit der Ausdehnung des deutschen Siedlungsgebietes im 11. und 13. Jahrhundert. Anders als in den Gebieten zwischen Elbe und Saale konnte hier kaum ein freier Bauer überleben. Große Betriebe waren allein deshalb nötig, um im Land der leichten Böden mit seiner geringen Bodenfruchtbarkeit entsprechende Erträge zu erzielen. Falsch ist aber, dass auf der brandenburgischen Streusandbüchse überhaupt nichts wächst. Sonst wären nach den Slawen die deutschen Siedler des Mittelalters kaum in großer Zahl in der Mark Brandenburg geblieben.
Missionierende Menschen sorgten für einen ersten Technologieschub in der Mark. Fischwirtschaft wie an den Peitzer Teichen, aber auch die Neuzeller Braukunst gehen auf sie zurück. Später kamen noch die Flamen, Schweizer, Pfälzer, Franken, Schwaben und Hugenotten.
Eine schlanke, zierliche Frau mit Namen Louise Henriette, Prinzessin von Oranien, wurde am 7. Dezember 1646 die Ehefrau des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. Aus ihrer holländischen Heimat brachte sie das Know-how für eine effektive Milchwirtschaft und vor allem auch für den Gartenbau mit, darunter etliche Neuheiten für die Mark; so wohl auch die Kartoffel.
Die Trockenlegung des Oderbruchs gehört zum Vermächtnis Friedrich Wilhelms I., dem dieses Projekt zu kostspielig war. Sein Sohn Friedrich II - auch Friedrich der Große oder der Alte Fritz genannt - bewältigte das Vorhaben und gestaltete im Frieden mit dem Oderbruch eine brandenburgische Provinz für die Landwirtschaft.
Friedrich Wilhelm III betrieb Landwirtschaft als Hobby. In seine Regierung fallen die berühmten Staatsformen, deren Kernstück die Agrarreform mit dem Edikt vom 9. Oktober 1807 ist. So schrieb Karl August von Hardenberg seinem König:
"Majestät, wir müssen dasselbe von oben her machen, was die Franzosen von unten her gemacht haben."
Nun konnten auch Bürgerliche und Bauern Landgüter erwerben.
Preußische Agrarreformen (19. Jahrhundert)
- Ab 1807 führten die Preußischen Reformen zur Aufhebung der Leibeigenschaft und einer Neuordnung des Grundbesitzes.
- Großgrundbesitzer blieben jedoch tonangebend, während Kleinbauern oft wirtschaftlich benachteiligt blieben.
- Fortschritte in Technik und Düngung steigerten die Produktivität. Im 19. Jahrhundert wurde die Mark zum Vorbild für modernes Agrarwissen. Dafür steht Albrecht Daniel Thaer (14. Mai 1752 in Celle; † 26. Oktober 1828).
Weimarer Republik und NS-Zeit (1919–1945)
- In der Weimarer Republik blieben Großgrundbesitzer einflussreich, während Landarbeiter oft unter schwierigen Bedingungen lebten.
- Während der NS-Zeit wurden landwirtschaftliche Betriebe stärker reglementiert, und es gab Programme zur Selbstversorgung.
DDR-Zeit: Kollektivierung der Landwirtschaft (1949–1990)
- Nach 1945 wurden Großgrundbesitzer enteignet und ihr Land an Kleinbauern sowie Umsiedler aus den ehemaligen Ostgebieten verteilt.
- Ab den 1950er-Jahren begann die Zwangskollektivierung: Kleinbetriebe wurden zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) zusammengelegt.
- Die landwirtschaftliche Produktion wurde stark zentralisiert und technisiert.
Nach der Wiedervereinigung: Strukturwandel (ab 1990) mit Neubildung des Landes Brandenburg
- Die LPGs wurden aufgelöst oder in Agrargenossenschaften bzw. Agrarunternehmen umgewandelt.
- Viele Kleinbauern gaben auf, während große Agrarbetriebe dominierten.
"Im Jahr 1989 existierten auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg (ehemalige Bezirke Cottbus, Frankfurt/Oder und Potsdam) knapp 1.000 landwirtschaftliche Betriebe (122 VEG und 870 LPG). Bis zum Jahr 1992 entstanden aus den vor der Wiedervereinigung existierenden landwirtschaftlichen Unternehmen 5.525 neu eingerichtete Betriebe und 21 Nachfolgeunternehmen. Damit hat sich in der ersten Anpassungsphase des Integrationsprozesses der Landwirtschaft Brandenburgs in die Gemeinsame Agrarpolitik der EU die Zahl der landwirtschaftlichen Unternehmen mehr als verfünffacht."
Quelle: Leibnitz Centre for Agricultural Landscape Research (ZALF), Prof. Dr. Klaus Müller: Agrargeschichte des Landes Brandenburg nach 1989/90
Die Agrarstruktur Brandenburgs hat eine lange und wechselvolle Geschichte, die von politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen geprägt ist. Hier ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen:
Frühe Agrarentwicklung (Mittelalter – 19. Jahrhundert)
- Im Mittelalter erfolgte die Besiedlung und Urbarmachung durch deutsche Siedler im Zuge der Ostexpansion.
- Große landwirtschaftliche Flächen wurden durch Rodung gewonnen, während Gutsherren (Junker) das landwirtschaftliche Leben dominierten.
- Die Landwirtschaft war geprägt von Gutshöfen und Leibeigenschaft, die erst mit der Bauernbefreiung Anfang des 19. Jahrhunderts abgeschafft wurde.
Viele glauben, dass die gegenwärtige Agrarstruktur in Brandenburg ein Produkt aus DDR-Zeiten ist. Große Güter gab es östlich der Elbe schon seit der Ausdehnung des deutschen Siedlungsgebietes im 11. und 13. Jahrhundert. Anders als in den Gebieten zwischen Elbe und Saale konnte hier kaum ein freier Bauer überleben. Große Betriebe waren allein deshalb nötig, um im Land der leichten Böden mit seiner geringen Bodenfruchtbarkeit entsprechende Erträge zu erzielen. Falsch ist aber, dass auf der brandenburgischen Streusandbüchse überhaupt nichts wächst. Sonst wären nach den Slawen die deutschen Siedler des Mittelalters kaum in großer Zahl in der Mark Brandenburg geblieben.
Missionierende Menschen sorgten für einen ersten Technologieschub in der Mark. Fischwirtschaft wie an den Peitzer Teichen, aber auch die Neuzeller Braukunst gehen auf sie zurück. Später kamen noch die Flamen, Schweizer, Pfälzer, Franken, Schwaben und Hugenotten.
Eine schlanke, zierliche Frau mit Namen Louise Henriette, Prinzessin von Oranien, wurde am 7. Dezember 1646 die Ehefrau des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm I. Aus ihrer holländischen Heimat brachte sie das Know-how für eine effektive Milchwirtschaft und vor allem auch für den Gartenbau mit, darunter etliche Neuheiten für die Mark; so wohl auch die Kartoffel.
Die Trockenlegung des Oderbruchs gehört zum Vermächtnis Friedrich Wilhelms I., dem dieses Projekt zu kostspielig war. Sein Sohn Friedrich II - auch Friedrich der Große oder der Alte Fritz genannt - bewältigte das Vorhaben und gestaltete im Frieden mit dem Oderbruch eine brandenburgische Provinz für die Landwirtschaft.
Friedrich Wilhelm III betrieb Landwirtschaft als Hobby. In seine Regierung fallen die berühmten Staatsformen, deren Kernstück die Agrarreform mit dem Edikt vom 9. Oktober 1807 ist. So schrieb Karl August von Hardenberg seinem König:
"Majestät, wir müssen dasselbe von oben her machen, was die Franzosen von unten her gemacht haben."
Nun konnten auch Bürgerliche und Bauern Landgüter erwerben.
Preußische Agrarreformen (19. Jahrhundert)
- Ab 1807 führten die Preußischen Reformen zur Aufhebung der Leibeigenschaft und einer Neuordnung des Grundbesitzes.
- Großgrundbesitzer blieben jedoch tonangebend, während Kleinbauern oft wirtschaftlich benachteiligt blieben.
- Fortschritte in Technik und Düngung steigerten die Produktivität. Im 19. Jahrhundert wurde die Mark zum Vorbild für modernes Agrarwissen. Dafür steht Albrecht Daniel Thaer (14. Mai 1752 in Celle; † 26. Oktober 1828).
Weimarer Republik und NS-Zeit (1919–1945)
- In der Weimarer Republik blieben Großgrundbesitzer einflussreich, während Landarbeiter oft unter schwierigen Bedingungen lebten.
- Während der NS-Zeit wurden landwirtschaftliche Betriebe stärker reglementiert, und es gab Programme zur Selbstversorgung.
DDR-Zeit: Kollektivierung der Landwirtschaft (1949–1990)
- Nach 1945 wurden Großgrundbesitzer enteignet und ihr Land an Kleinbauern sowie Umsiedler aus den ehemaligen Ostgebieten verteilt.
- Ab den 1950er-Jahren begann die Zwangskollektivierung: Kleinbetriebe wurden zu Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPGs) zusammengelegt.
- Die landwirtschaftliche Produktion wurde stark zentralisiert und technisiert.
Nach der Wiedervereinigung: Strukturwandel (ab 1990) mit Neubildung des Landes Brandenburg
- Die LPGs wurden aufgelöst oder in Agrargenossenschaften bzw. Agrarunternehmen umgewandelt.
- Viele Kleinbauern gaben auf, während große Agrarbetriebe dominierten.
"Im Jahr 1989 existierten auf dem Gebiet des heutigen Landes Brandenburg (ehemalige Bezirke Cottbus, Frankfurt/Oder und Potsdam) knapp 1.000 landwirtschaftliche Betriebe (122 VEG und 870 LPG). Bis zum Jahr 1992 entstanden aus den vor der Wiedervereinigung existierenden landwirtschaftlichen Unternehmen 5.525 neu eingerichtete Betriebe und 21 Nachfolgeunternehmen. Damit hat sich in der ersten Anpassungsphase des Integrationsprozesses der Landwirtschaft Brandenburgs in die Gemeinsame Agrarpolitik der EU die Zahl der landwirtschaftlichen Unternehmen mehr als verfünffacht."
Quelle: Leibnitz Centre for Agricultural Landscape Research (ZALF), Prof. Dr. Klaus Müller: Agrargeschichte des Landes Brandenburg nach 1989/90
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